Maler
Aus der Forschung
Das Phänomen Gofthe
Das Phänomen Gofthe entzieht sich sachlicher Würdigung, weil es nicht recht fassbar ist. Alles, was jemals auf Gofthe hinwies, ist eine Gedenktafel in Blasegast, die leider mittlerweile verschwunden ist, wie auch das Gebäude, an dem sie angebracht war. Es besteht kein Grund zur Vermutung, dass die Tafel durch die mit dem Abriß der Liegenschaft betrauten Hilfskräfte geborgen und musealen Zwecken zugeführt worden sein könnte. So müssen wir uns wohl mit der traurigen Tatsache abfinden, dass uns auch das letzte Zeugnis der Existenz Gofthes nur in fotografischer Form erhalten geblieben ist.

Wäre da nicht die Kunst Gofthes! Natürlich sind sämtliche frühen Werke Gofthes, wie auch die beiliegende Vita aufführt, durch die europäischen Heere in dreißigjähriger Kleinarbeit aufgespürt und vernichtet worden. Selbst die Erinnerungen an sonstige Taten, die Kochrezepte und die Sportsocken Gofthes wurden vernichtet. Es ist dem Künstler nicht zu verdenken, dass er sich darum verzagt zurückgezogen und zweihundert Jahre später den Weg in den Untergrund gesucht hat.

Gab es Gofthe überhaupt? Diese Frage kann man stellen, aber sie ist überflüssig. Schließlich befasst sich sogar im Internet erhältliche Schundliteratur [1] mit dem großen Bildkünstler, natürlich in verzerrender, unwissenschaftlicher Art und Weise, aber warum auch nicht? Gofthe selbst hat sein Geburtsdatum mehrfach korrigiert, besonders Frauen gegenüber, und er hat dabei nicht mit Jahrhunderten gegeizt, denn er war ein Künstler!

Die Forschung geht mittlerweile davon aus, dass keiner auf die Idee gekommen wäre, eine Gedenktafel an ein Haus zu schrauben, wenn diese Person nicht eine gewisse Bedeutung gehabt hätte, geschweige denn überhaupt nicht existierte. Und die Mitbürger hätten sich nicht mit Gewalt an dieser Tafel zu schaffen gemacht, Gewalt, die durch die im Foto zu erkennenden Beschädigungen dokumentiert wird, wenn Gofthe nicht ein übler Geselle, Trunkenbold und Zechpreller gewesen wäre, der sie auch noch in unvorteilhaften Positionen gemalt und dafür Geld erpresst hat.

Das Internetprojekt
Das Licht der Forschung schien bislang offensichtlich nicht hell genug, um das Phänomen Gofthe in all seinen Facetten auszuleuchten. Gab es Gofthe wirklich? Oder gibt es ihn noch? Seine Spur zieht sich durch die Jahrhunderte, aber wurde sie auch von ihm selbst gelegt?

Man kann Gofthe nicht einfach anrufen (meistens besetzt, und ansonsten geht keiner ran). Aber man kann sich an Gofthe annähern, über seine Bildwerke. Natürlich sind kaum autorisierte Werke verfügbar (genaugenommen überhaupt kein einziges). Aber der Reichtum an Gofthe-Überlieferungen im Volk und in den ihn umschwirrenden Kreisen, die sich in den Jahrhunderten zu wahren (aufsteigenden) Spiralen ausprägten, macht es uns, den Nachgeborenen, leicht möglich, Original-Gofthe-Bildwerke zu erstellen, wie sie der Künstler selbst nicht hätte originaler schaffen können.

Dieses Internetprojekt setzt sich also erstens zum Ziel, Original-Gofthe-Bildwerke aufzuspüren oder auf Basis von Beschreibungen authentisch nachzuschöpfen oder – inspiriert von Gofthes Leben – völlig neu zu schaffen. Damit kann sich die Öffentlichkeit erstmals ein umfassendes Bild von Gofthe machen, Gofthe rezipieren und seine Bedeutung für die Jetztzeit objektiv bewerten. Außerdem werden ständig Gofthe-Objekte gesucht und gefunden, um sie in seinen Lebenslauf nahtlos einfügen zu können.

Zum zweiten – und das ist vielleicht der eigentliche Kern des Internetprojektes – gibt uns jenes die Gelegenheit, Gofthe, so er denn noch unter uns weilen sollte (was von wenigen bezweifelt wird), selbst anzusprechen! Gofthe zu rufen! Gofthe zu rufen durch seine Bildwerke und durch die Würdigung seines Schaffens. Wird er aus dem Schatten der Zeit heraustreten? Oder wird er weiter still in ihr dahingleiten, Jahrhundert für Jahrhundert, ohne uns mit seiner Aufmerksamkeit zu bedenken?

Ruhmsucht war, frühen Berichten zufolge, eine von Gofthes Stärken. Er hat den Kaiser in Öl bemalt, um bei den Hunnen Eindruck zu schinden. Er hat die Rückseite seiner Werke mit Blattgold belegen lassen, damit die Auftraggeber sie nicht wegwerfen. Nach der großen Goldhamsterplage von 1597 aber wurden die Karten neu gemischt! (Dies nur nebenbei.)

Die im Internetprojekt dargestellten Bildwerke sind eigens für dieses geschaffen worden. Ständig werden neue folgen. Wer (wie wir) in sich den Atem Gofthes spürt, lässt diesen zu Bildwerken gerinnen. Gofthe wird sie in seinem Internetbetrachtungsgerät ansehen können, er wird begeistert sein oder sich umgehend beschweren. Oder er wird Tantiemen oder den Verkauf der Bildwerke zu weit überhöhten Preisen verlangen. Alle diese Möglichkeiten lassen uns hoffen, Kontakt zu knüpfen mit einem der eigenartigsten Künstler aller Zeiten.

Sollte Gofthe eines Tages in der Tür unserer Internetbutze stehen und den zuständigen Administrator verlangen, hat dieses Internetprojekt sein höchstes Ziel erreicht; der HTML-Programmierer wird die Digischnappe oder das Fotohandy greifen und ein frisches Gofthe-Konterfei unter dem Programmpunkt Vita einfügen. Bis dahin aber, sehr geehrte Damen (und Herren) wünschen wir einfach nur viel Freude und Erbauung beim Betrachten dieser Seiten.

Lernen Sie Bildwerke kennen, in denen Schönheit, Weisheit und Wahrheit gefeiert werden, auch wenn es dazu gar keinen Grund gibt. Gofthesche Werke. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Quellen
[1]
Blasegast ::: "Gofthe und was er der Welt heute noch zu sagen hat"